EINE ERKLÄRUNG ZUM NEUEN JAHR VON BOB AVAKIAN

Ein neues Jahr, die dringende Notwendigkeit  einer radikal neuen Welt – für die Emanzipation der ganzen Menschheit

Januar 2021

1 In meiner Erklärung vom 1. August letzten Jahres legte ich die Analyse vor, dass es unter den besonderen Umständen dieser Präsidentschaftswahl und angesichts der wahrlich gewaltigen Bedeutung von dem, was bei ihr auf dem Spiel stehen würde, notwendig und wichtig wäre, für Biden zu stimmen, sofern das Trump/Pence-Regime zum Zeitpunkt dieser Wahl noch an der Macht sein würde, um dem von diesem Regime repräsentierten Faschismus eine entscheidende Wahlniederlage beizubringen. Gleichzeitig betonte ich, dass es wahrscheinlich in eine Katastrophe führen würde, wenn man sich einfach auf die Stimmabgabe verlässt, und dass es von entscheidender Bedeutung ist, wenn Volksmassen in einer gewaltfreien, aber anhaltenden und wachsenden Massenmobilisierung mit der Forderung auf die Straße gehen, dass dieses faschistische Regime, wie von RefuseFascism.org gefordert, SOFORT WEG! Muss.

Wie sich herausstellte, stimmten massenhaft Menschen tatsächlich in großer Zahl für die Absetzung dieses faschistischen Regimes – und brachten dem Trump/Pence-Regime damit eine hinreichend entscheidende Wahlniederlage bei, um seine zunehmenden und dann massiv gewalttätigen Versuche zu putschen zu erschweren und sie schließlich zu besiegen und Trump aus dem Amt zu zwingen (wobei er sich noch immer weigert, seine Wahlniederlage anzuerkennen), auch wenn Biden in einer Hauptstadt ins Amt eingeführt werden musste, die in ein abgesperrtes Militärlager verwandelt worden war.

In einem unmittelbaren Sinne wurde die Katastrophe knapp abgewendet, zu der es gekommen wäre, wenn dieses faschistische Regime wiedergewählt worden wäre (oder auf andere Weise an der Macht geblieben wäre) und auf dieser Grundlage seine faschistische Herrschaft weiter konsolidiert hätte und noch mehr darin bestärkt und entfesselt worden wäre, sein grauenhaftes Programm umzusetzen. Die Tatsache, dass das Trump/Pence-Regime abgesetzt wurde, ist von großer Bedeutung und als solche Grund zum feiern! Doch zur Wahrheit gehört auch, dass es nicht nur im Kontext dieser Wahl, sondern während der gesamten vier Jahre der Herrschaft dieses Regimes und im Angesicht seiner zunehmenden Grausamkeiten nicht zu der massiven gewaltfreien Mobilisierung gekommen ist, zu der Refuse Fascism aufgerufen hat, um dieses Regime aus dem Amt zu jagen – und dass auch nach der Wahl die faschistischen Mobilisierungen und nicht die Opposition gegen den Faschismus auf den Straßen bestimmend gewesen sind. Das hat dazu geführt, dass trotz der Wahlniederlage des Trump/Pence-Regimes die Kräfte des Faschismus in vielerlei Hinsicht gestärkt worden sind, während die Opposition dagegen viel zu passiv geblieben ist und viel zu sehr auf den von der Demokratischen Partei vorgegebenen Rahmen gesetzt hat.

Man muss der Realität ins Auge sehen, dass, wie bei der Wahl zum Ausdruck kam, fast die Hälfte dieses Landes leidenschaftlich, aggressiv und kampfbereit auf das gesetzt hat, was durch den „Trumpismus“ repräsentiert wird. Es ist eine unanfechtbare Wahrheit, dass es in diesem Land, dieser oft beschworenen „Shining City on a Hill“, von Faschisten nur so wimmelt! – auf allen Ebenen der Regierung und in weiten Teilen der Gesellschaft als Ganzer. Und ein entscheidendes Merkmal dieser Faschisten ist ihr fanatisches Beharren auf wahnwitzigen Verzerrungen der Realität, gegen die mit Vernunft und Fakten nur äußerst selten (und in vielen Fällen gar nicht) anzukommen ist, eben weil diese Verzerrungen die Funktion haben, Gefühle eines ihnen zustehenden Anspruchs, der als bedroht wahrgenommen wird, zu verstärken und lange bestehende Vorurteile und Hassgefühle noch virulenter zu machen. Dieser Faschismus hat tiefe Wurzeln in zugrunde liegenden dynamischen Entwicklungen des in diesem Land herrschenden kapitalistisch-imperialistischen Systems und in der gesamten Geschichte dieses Landes, seit seiner Gründung mit Sklaverei und Völkermord. Damit verbunden ist noch eine entscheidende Wahrheit: Biden wird mit seinem Versuch, zu „heilen“ und „das Land zu vereinen“ kläglich scheitern. Wie ich schon zuvor geschrieben habe:

Anders als Biden und die Demokraten fälschlicherweise behaupten, können sie nicht „dieses Land zusammenbringen“, weil es keine „Aussöhnung“ mit diesen Faschisten geben kann – deren „Unzufriedenheit“ auf fanatischen Ressentiments gegenüber jeglicher Einschränkung weißer Vorherrschaft, männlicher Vorherrschaft, von Xenophobie (Fremdenhass), eines tollwütigen amerikanischen Chauvinismus und der uneingeschränkten Ausplünderung der Umwelt beruht und zunehmend wahnhafte Formen annimmt. Die einzige Form von „Aussöhnung“, die es damit geben kann, ist eine, die auf Basis der Bedingungen dieser Faschisten stattfindet, mit all den schrecklichen Folgen und Konsequenzen, die sich daraus ergeben!

Es steht außer Frage, dass sich viele der politischen Maßnahmen der Biden/Harris-Administration von den eklatanten Gräueltaten des Trump/Pence-Regimes unterscheiden werden und die Dinge sich unter Biden und Harris bestimmt auch „anders anfühlen“ werden. Doch die Art und Weise, wie sie versuchen werden „das Land zu vereinen“ (im Einklang mit den Interessen und Anforderungen dieses Systems des Kapitalismus-Imperialismus), sollte kein anständiger Mensch gutheißen oder sich daran beteiligen. Bei ihrem Versuch, die „Stabilität“ im eigenen Land wiederherzustellen und zu stärken und die USA als unterdrückerische Weltmacht Nr. 1 zu bewahren, werden Biden, Harris und die Demokraten (wie auch andere Institutionen des „Mainstreams“ wie die New York Times und CNN) alles daran setzen, die Volksmassen, die den Faschismus des Trump/Pence-Regimes zu Recht hassen und die sich eine gerechtere Welt wünschen, fest an dieses System zu binden – und dabei deren politischen Visionen und Aktivitäten auf die Schranken dieses Systems zu reduzieren und sie daran zu hindern, im Sinne ihrer eigenen grundlegenden Interessen und denen der Menschheit als Ganzes zu handeln. Und in dem Maße, in dem die Dinge in den Schranken dieses Systems verbleiben, wird dies tatsächlich dazu führen, dass die Schrecken für die Menschheit, die in dieses System eingebaut sind, sich noch verschlimmern und dass gleichzeitig auch die zugrunde liegenden ökonomischen (wie auch die gesellschaftlichen und politischen) Kräfte gestärkt werden und weiteren Auftrieb erhalten, die ihrerseits den Faschismus, der sich in diesem Land (und einer Reihe von anderen Ländern) schon bisher als enorm stark erwiesen hat, noch weiter stärken.

2 Auch wenn es sehr bedeutsam ist, dass die Stimmabgabe bei dieser Wahl zu einer entscheidenden Niederlage für das Trump/Pence-Regime und seine Versuche einer weiteren Konsolidierung seiner faschistischen Herrschaft geführt hat, darf dies nicht über diese entscheidende Wahrheit hinwegtäuschen: Bei der Polarisierung zwischen Demokraten und Republikanern, wie sie im Prozess der Wahlen in diesem Land zum Ausdruck kommt, geht es um einen Streit um die Frage, wie die Interessen des kapitalistisch-imperialistischen Systems und die Herrschaft der Kapitalistenklasse aufrechtzuerhalten und zu verfolgen sind. Sie steht weder für die grundlegenden Spaltungen in der Gesellschaft und der Welt noch finden in ihr die grundlegenden Interessen der Volksmassen in diesem Land und in der Welt insgesamt Widerspiegelung. Auch können die tiefgreifenden Probleme, mit denen die Menschheit konfrontiert ist, nicht innerhalb der Grenzen dieses von mörderischer Unterdrückung und Ausbeutung geprägten Systems gelöst werden, solange es die Welt beherrscht – tatsächlich können sie sich nur noch weiter verschlimmern. Gleiches gilt für das Chaos und die Zerstörung, die es auch weiterhin in massivem Umfang hervorbringen wird. 

Hierbei handelt es sich um eine auf Fakten basierende, wissenschaftlich belegte Wahrheit. Diese Realität zu ignorieren, sie zu bestreiten oder zu versuchen, ihr individuell zu entfliehen, wird die Dinge nur noch schlimmer machen und die Katastrophe beschleunigen.

Die Wahlniederlage des Trump/Pence-Regimes verschafft nur „etwas Zeit“ – sowohl was die von diesem Regime repräsentierte unmittelbare Gefahr des Faschismus angeht als auch grundsätzlicher in Bezug auf die potenziell existenzielle Krise, der die Menschheit in Folge der Tatsache, dass sie der Dynamik dieses kapitalistisch-imperialistischen Systems unterworfen ist, zunehmend ausgesetzt ist. Doch im Wesentlichen läuft die Zeit gerade nicht für den Kampf um eine bessere Zukunft der Menschheit. Die gegebene Zeit darf also nicht vergeudet werden –  indem man in blindem Individualismus und politischer Lähmung versumpft oder sie für fehlgeleitete Aktivitäten vergeudet, die nur dieses System stärken, das fortwährend endlose Schrecken für die Massen der Menschheit erzeugt und die Dinge schon an den Rand einer sehr realen Katastrophe geführt hat.

Eine grundlegend andere Polarisierung muss herbeigeführt werden, in Übereinstimmung mit dem Potenzial für eine radikal andere und bessere Welt, die die tatsächlichen Interessen der Volksmassen und letztlich der gesamten Menschheit repräsentiert. Es braucht eine radikal andere Herangehensweise an das Verständnis von den Verhältnissen und Problemen der Gesellschaft und ein Handeln auf dieser Grundlage – eine kompromisslos und durchgängig wissenschaftliche Methode und Herangehensweise.

3 Viele von denjenigen, die sich empört haben über die Art und Weise, wie Trump durchgängig sowohl auf pathologisches wie auch auf kalkuliertes Lügen zurückgegriffen hat, haben sehr die Bedeutung von Wissenschaft und Wahrheit, von Fakten und einer evidenzbasierten Argumentation betont. Das zielte in besonderer Weise auf die kriminell anti-wissenschaftliche Vorgehensweise von  Trump und Pence beim Umgang mit der COVID-19-Pandemie und auf das Bestärken solchen anti-wissenschaftlichen Wahnsinns unter der faschistischen „Basis“ in der Gesellschaft insgesamt – was in der Folge zumindest zu Zehntausenden (wenn nicht sogar zu Hunderttausenden) von unnötigen Todesfällen und auch zu vermeidbaren Opfern und Leid unter den Volksmassen geführt hat. Diese Betonung von Wissenschaft und der wissenschaftlichen Methode ist von lebenswichtiger Bedeutung, aber es ist auch notwendig, die wirkliche Notwendigkeit und große Bedeutung davon zu betonen, dabei konsequent zu sein und einer wissenschaftlich fundierten Wahrheit zu folgen, wohin auch immer sie einen führen mag, um die Realität in jedem Bereich des Lebens und der Gesellschaft richtig zu verstehen.

Das bedeutet, dass man konsequent mit einem Ansatz bricht und ihn überwindet, bei dem lediglich Wahrheiten – oder vermeintliche Wahrheiten – akzeptiert werden, die einem passen, während man tatsächliche Wahrheiten, die einem nicht so in den Kram passen, zurückweist, herunterspielt oder ihnen ausweicht. Eine wichtige Dimension davon ist, über den philosophischen Relativismus der „Identitätspolitik“ hinauszugehen und ihn methodologisch zu verwerfen. Denn dieser richtet eine Menge Schaden an mit seiner eigenen Version der Reduzierung von „Wahrheit“ auf partielle, nicht-systematisierte Erfahrungen und subjektives Empfinden („meine Wahrheit“… „unsere Wahrheit“…) – im Gegensatz zu wirklicher, objektiver Wahrheit, die korrekt, auf wissenschaftliche Weise durch einen evidenzbasierten Prozess ermittelt wird, um festzustellen, ob etwas (eine Idee, Theorie, Behauptung usw.) der tatsächlichen materiellen Realität entspricht oder nicht. Auch wenn der Ausgangspunkt einer solchen „Identitätspolitik“ politisch häufig der Wunsch sein mag, gegen verschiedene Formen von Unterdrückung anzugehen – selbst wenn dies häufig dadurch gekennzeichnet ist, dass Menschen verschiedener „Identitäten“ versuchen, die Opposition gegen Unterdrückung als „ihr Eigentum“ für sich zu reklamieren –, hat „Identitätspolitik“ in epistemologischer Hinsicht (betreffend der Herangehensweise beim Verstehen der Realität und beim Erreichen der Wahrheit über Dinge) viel mit dem Bauen auf „alternative Fakten“ (auf Behauptungen, die im Gegensatz zu den tatsächlichen Fakten stehen, oftmals gravierend) gemein, das für Faschisten kennzeichnend ist. Auch wenn es wichtig ist, die verbundenen politischen Unterschiede anzuerkennen, ist die Situation viel zu ernst und es steht viel zu viel auf dem Spiel, als dass wir es uns erlauben könnten, irgendeiner Form von Opposition gegen die wissenschaftliche Methode und ihr Streben nach objektiver Wahrheit über die tatsächliche Realität zu verfallen oder ihr gegenüber auch nur Zugeständnisse zu machen.

Um zu verstehen, warum wir es mit der Situation zu tun haben, in der wir uns befinden, ist es notwendig, nicht nur auf das zu reagieren, was in einer jeweiligen Situation an der Oberfläche passiert (und tatsächlich dadurch hin und her getrieben zu werden), sondern unterhalb der Oberfläche zu graben, um die zugrunde liegenden Triebfedern und Ursachen der Dinge zu finden und zu einem Verständnis davon zu gelangen, was das grundlegende Problem ist und was die tatsächliche Lösung ist. Es bedeutet, zu dem wissenschaftlichen Verständnis zu gelangen, dass wir unter einem System leben und was es mit diesem System tatsächlich auf sich hat (dem System des Kapitalismus-Imperialismus); es bedeutet, daran zu arbeiten zu begreifen, was die tiefer liegenden Verhältnisse und die Dynamik dieses Systems sind und wie diese den Rahmen dafür setzen, wie verschiedene Teile der Gesellschaft spontan denken und auf Ereignisse in der Gesellschaft und der Welt reagieren und was der mögliche Weg nach vorne ist, um all dies im Interesse der Masse der Menschheit und letztlich der Menschheit als Ganzer zu transformieren. Ein entscheidender Teil davon ist ein wissenschaftliches Verständnis von den großen Veränderungen, die sich aus der Dynamik und der Funktionsweise dieses Systems selbst ergeben und die zu Umwälzungen in der Gesellschaft geführt und diesen Faschismus in erheblichem Maße genährt haben: Es geht um Veränderungen in der kapitalistisch-imperialistischen Ökonomie und entsprechend in der Sozialstruktur und der „sozialen Zusammensetzung“ in diesem Lande wie auch international, wodurch „traditionelle“ Formen von Unterdrückung untergraben worden sind, ohne jedoch zu einem Ende dieser Unterdrückungsformen zu führen. Vielmehr sind sie in neuen Formen begründet und verstärkt worden, während dabei eine wahrlich gestörte, sadistische und oft gewalttätige Reaktion seitens der Teile der Gesellschaft provoziert worden ist, die ihre Interessen und in der Tat ihr ganzes Sein mit den traditionellen Formen von Unterdrückung verbinden.

Einleitend und als übergreifender Punkt in Bezug auf einige dieser wichtigen Veränderungen ist es wichtig zu betonen, dass diese Veränderungen (und insbesondere jene, die in den letzten Jahrzehnten stattgefunden haben), mit dem verstärkten Parasitismus des Kapitalismus-Imperialismus in der Welt von heute verbunden sind. Wie ich in Breakthroughs (Durchbrüche). Der historische Durchbruch mit Marx und der weitere Durchbruch mit dem neuen Kommunismus. Eine grundlegende Zusammenfassung erklärt habe, bezieht sich Parasitismus auf die

Tatsache, dass ein zunehmend globalisierter Kapitalismus in sehr hohem Maße um der Produktion und der Aufrechterhaltung der Profitrate willen auf einem gewaltigen Netzwerk von Sweatshops aufbaut, insbesondere in der Dritten Welt in Lateinamerika, Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten und in Asien, während sich die kapitalistische Aktivität in den kapitalistisch-imperialistischen „Heimatländern“ zunehmend im Bereich der Finanzen und der Finanzspekulation, am „oberen Ende“ einer High-Tech-Industrie (nicht jedoch in der Produktion der materiellen Grundbausteine für sie), im Dienstleistungssektor und im Bereich des Handels abspielt (einschließlich der wachsenden Rolle des Online-Marketings).

⧫ Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs (vor 75 Jahren) hat sich die Situation der Schwarzen Menschen dramatisch verändert. Diese Veränderungen basierten anfangs auf der zunehmenden Mechanisierung und anderen Entwicklungen in der landwirtschaftlichen Produktion und der Ökonomie insgesamt; sie wurden angetrieben durch einen mächtigen Aufschwung im Kampf der Schwarzen, durch den der herrschenden Klasse in diesem Land Zugeständnisse abgerungen wurden, wo sie bestrebt war, ihr Image als „Vorkämpfer der Demokratie“ und als „Führer der freien Welt“ aufrechtzuerhalten, besonders in ihrer Konfrontation mit der Sowjetunion in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg. Als Ergebnis dieser und anderer Faktoren lag der Fokus der Unterdrückung der Schwarzen nicht mehr auf ihrer brutalen Ausbeutung im ländlichen Süden – unter Bedingungen, die denen der Sklaverei nahe kamen (und in einigen Fällen regelrechter Sklaverei entsprachen) und durch den Terror des Ku-Klux-Klans zusätzlich gestützt wurden –, sondern sie liefen häufiger auf eine Situation hinaus, in der Massen von Schwarzen in städtischen Wohngebieten im ganzen Land segregiert und konzentriert leben und systematischer Diskriminierung und ständiger Brutalität und Morden vonseiten der Polizei ausgesetzt sind. In den letzten Jahrzehnten ist durch die zunehmende Globalisierung und die Automatisierung der Produktion, im Zusammenspiel mit anhaltender Diskriminierung, ein großer Teil der Fabrikarbeit weggefallen, die vorher Schwarzen Männern (und einigen Frauen) besser bezahlte Arbeitsplätze in den städtischen Gebieten bot. Gleichzeitig ist es als ein Resultat der Bürgerrechtsbewegung und der Befreiungskämpfe der Schwarzen in den 60er und frühen 70er Jahren wie auch aufgrund anderer Faktoren zu einem Anwachsen der Schwarzen Mittelschicht gekommen. Aber es kam eben auch zu einem Anwachsen der sogenannten „Unterschicht“, die in städtischen Ghettos konzentriert und gebunden ist und mehr oder weniger dauerhaft von irgendeiner regulären Beschäftigung in der „formalen“ Ökonomie ausgeschlossen ist.

Da sie nicht in der Lage sind, eine positive Lösung für die akuten Widersprüche zu finden, die mit diesen Veränderungen verbunden sind, da sie nicht in der Lage sind, dem systemischen Rassismus, der eine entwürdigende Diskriminierung selbst ökonomisch besser gestellter Teile der Schwarzen bedeutet, ein Ende zu bereiten, da sie nicht in der Lage sind, eine größere Zahl von Schwarzen in die „formale“ Ökonomie zu integrieren, haben die herrschenden Kräfte in der Gesellschaft mit der massenhaften Inhaftierung von Millionen Schwarzen Männern (und einer wachsenden Zahl von Frauen) auf diese Situation reagiert, mit Verhaftungen, Prozessen, Verurteilungen und Strafen, die noch mehr Diskriminierung und Ungerechtigkeit bedeuten, wie auch mit dem Entfesseln und der Förderung von systematischem Polizeiterror, der sich vor allem gegen Schwarze in den Innenstädten richtet, aber jede Schwarze Person überall und jederzeit treffen kann. Der Versuch, „Recht und Ordnung“ mit brutalen Mitteln durchzusetzen, da eben eine gerechtere Lösung unter diesem System nicht möglich ist, erhöht die Brisanz dieser ganzen Situation und führt zu noch weiteren Unruhen –  darunter völlig berechtigte und gerechte Proteste und Rebellionen –, was wiederum von faschistischen Kräften benutzt wird, um ihre groteske, von weißem Rassismus geprägte Darstellung der Schwarzen Volksmassen als „Kriminelle“ und „ungebändigte Tiere“ zu verbreiten.

Die Tatsache, dass während all dieser Veränderungen und unabhängig davon, wer gerade auf den Regierungsbänken saß, die systematische Diskriminierung und mörderische Unterdrückung fortbestand, hat einige Schwarze zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass die Demokratische Partei das eigentliche Problem ist, da sie sich stets um die Unterstützung der Schwarzen bemüht, aber immer wieder gegen deren Interessen gehandelt hat. Und auch wenn die Republikanische Partei zum Träger offener und aggressiver weißer Vorherrschaft geworden ist, stimmt es, dass die Demokraten und nicht bloß die Republikaner bei der Unterdrückung Schwarzer Menschen den Vorsitz innegehabt haben. Doch was ist der eigentliche Grund dafür und was ist die wirkliche Antwort darauf? Die Realität ist, dass weiße Vorherrschaft in dieses System des Kapitalismus-Imperialismus eingebaut ist und dass keine dieser Parteien der herrschenden Klasse dem ein Ende bereiten könnte, selbst wenn sie es wollte. Die Antwort kann nicht darin bestehen, sich mit der faschistischen Republikanischen Partei zusammen zu tun oder zu versuchen, diese bürgerlichen Parteien gegeneinander auszuspielen, oder aber auf einen „Schwarzen Kapitalismus“ zu setzen und um einen besseren „Platz am Tisch“ zu betteln – all das wird nur das bestehende System der Unterdrückung stärken und vielleicht einigen wenigen Vorteile auf Kosten der vielen verschaffen. Die wirkliche Antwort ist Revolution und die Errichtung einer radikal anderen Gesellschaft, deren Grundlage und Orientierung darin besteht, weiße Vorherrschaft und sämtliche Unterdrückungsverhältnisse zu entwurzeln und zu beseitigen.

⧫ Die Situation und die gesellschaftliche Stellung vieler Frauen hat sowohl hierzulande als auch international tiefgreifende Veränderungen erfahren. Um eine wichtige Dimension davon zu nennen: Die Arbeit in Sweatshops in der Dritten Welt wird zu einem großen Teil von Frauen geleistet, die gezwungen sind, unter entsetzlichen Bedingungen zu schuften. In diesem Land haben Veränderungen in der Funktionsweise und Struktur der Ökonomie (als Teil einer zunehmend globalisierten Weltwirtschaft) häufig zu einer Anstellung und Ausbeutung Schwarzer Frauen (und anderer women of color) geführt, insbesondere im Dienstleistungssektor und im Einzelhandel. Gleichzeitig sind für viele Frauen nicht nur neue Möglichkeiten entstanden (insbesondere für weiße Frauen, aber auch für einige women of color), im akademischen wie auch im privatwirtschaftlichen Bereich beruflich aufzusteigen, sondern dies ist auch zu einer Notwendigkeit geworden, damit ihre Familien weiterhin einen „Mittelschichts-Lebensstil“ aufrechterhalten können. Diese Situation, in der eine größere Anzahl von Frauen außerhalb des Hauses erwerbstätig ist, einschließlich einer bedeutenden Zunahme der Zahl von Frauen in besser bezahlten Mittelschichts-Positionen, hat die „traditionelle“ patriarchalische (von den Männern beherrschte) Familie und die patriarchalischen Beziehungen in der Gesellschaft insgesamt ernsthaft unter Druck gesetzt und sie in beträchtlichem Maße unterminiert.

All diese Veränderungen haben günstigere Bedingungen für den Kampf gegen Frauenunterdrückung  geschaffen und wurden ihrerseits von diesem maßgeblich beeinflusst – von einem Kampf, der als Teil des allgemeinen radikalen Aufbruchs der 1960er Jahre kraftvollen Ausdruck fand und seither in verschiedenen Formen fortgesetzt worden ist. In meinem Buch Away With All Gods! habe ich das so beschrieben:

Im Laufe der Erhebungen der 60er Jahre wurde vieles in Frage gestellt – nicht nur im Bereich der Ideen, obwohl dies extrem wichtig war, sondern auch in der Praxis, im Bereich des politischen Kampfes – Dinge wurden in Frage gestellt, die für diese Gesellschaft grundlegend sind. Und es kam zu vielen Veränderungen, teilweise als Ergebnis des politischen Kampfes der Massen und teilweise aufgrund des sich verändernden Charakters und veränderter Erfordernisse der Ökonomie. Wieder einmal betraf eine der wichtigsten Dimensionen davon die Rolle der Frauen, besonders im akademischen Bereich und unter anderen Teilen der Mittelschicht, wo es für Frauen sowohl zu einer Möglichkeit wie auch zu einer Notwendigkeit wurde, Vollzeit zu arbeiten, um den Lebensstandard der Mittelschicht halten zu können. Verbunden mit den politischen und ideologischen Ausdrucksformen des Feminismus und anderer Bewegungen, die in den 60er Jahren aufkamen, stellte das eine sehr direkte Herausforderung für die traditionell institutionalisierten Unterdrückungsformen in dieser Gesellschaft dar.

Doch ist die Beseitigung der männlichen Vorherrschaft innerhalb der Grenzen dieses Systems unmöglich. Das ist so, weil männliche Vorherrschaft tief in die Struktur dieser Gesellschaft eingewoben ist und weil dieses System auf kapitalistischen Warenbeziehungen und Ausbeutung basiert (Dinge werden produziert, um getauscht [verkauft] zu werden, in einem Prozess, bei dem Menschen massenhaft für einen Lohn oder ein Gehalt arbeiten, um Profit zu erzeugen, der von Kapitalisten, die sie anstellen und die ihre Arbeit kontrollieren, akkumuliert wird). Es handelt sich um  ein System, in dem die patriarchale Familie ein wesentlicher ökonomischer und sozialer Bestandteil und Erfordernis bleibt, auch wenn sie zunehmend unter Druck steht. Und seit mehreren Jahrzehnten führt nun der faschistische Teil der herrschenden Klasse einen unerbittlichen Angriff auf verfassungsmäßige Rechte und mobilisiert seine soziale Basis religiös-fundamentalistischer Fanatiker, um „traditionelle“ patriarchale Unterdrückung energisch und oft gewaltsam durchzusetzen – mit dem Angriff auf das Recht auf Abtreibung und selbst auf Geburtenkontrolle, als einem Schwerpunkt dieses Versuchs, Frauen im Grunde genommen zu versklaven. Was ich vor 35 Jahren schrieb, ist heute wahrer denn je:

In den letzten Jahrzehnten haben in den USA die Situation von Frauen und die Beziehungen innerhalb der Familie tiefgreifende Veränderungen erfahren. Nur in einer von zehn Familien besteht noch die „Modell“-Situation, bei der der Mann der „Alleinverdiener“ und die Frau die völlig abhängige „Hausfrau“ ist. Mit diesen ökonomischen Veränderungen sind bedeutende Veränderungen in den Einstellungen und Erwartungen einhergegangen – wodurch nicht nur das Gefüge der Familie, sondern auch die sozialen Verhältnisse in einem weiteren Sinne erheblich unter Druck geraten sind…. Die ganze Frage der Position und Rolle von Frauen in der Gesellschaft stellt sich unter den heutigen extremen Umständen immer schärfer – in den USA von heute ist das ein Pulverfass. Es ist nicht vorstellbar, dass all dies anders als auf die radikalste Art und Weise und mit extrem gewaltsamen Mitteln einer Lösung zugeführt werden wird. Die noch zu klärende Frage lautet: Wird es eine radikal reaktionäre oder eine radikal revolutionäre Lösung sein, wird sie darauf hinauslaufen, die Ketten der Sklaverei zu festigen, oder aber darauf, die wichtigsten Glieder dieser Ketten zu zerbrechen und die Möglichkeit zu eröffnen, die vollständige Beseitigung aller Formen dieser Sklaverei zu erreichen?

Damit einher ging die gewachsene Möglichkeit und der „Raum“, um Geschlechter-„Identitäten” und Geschlechterverhältnisse geltend zu machen, die den traditionellen unterdrückerischen Geschlechterverhältnissen zuwiderlaufen – was abermals den oft gewaltsamen Versuch zur Folge hatte, die traditionellen Verhältnisse wieder durchzusetzen und zu stärken und alles zu unterdrücken, was damit nicht konform geht.

Religion und insbesondere religiöser Fundamentalismus ist ein mächtiger Faktor bei der Förderung und Stärkung der patriarchalen Unterordnung von Frauen und auch anderer „traditioneller“ Unterdrückungsformen. Kristin Kobes Du Mez, aufgewachsen in einer Stadt in Iowa voller weißer christlicher Fundamentalisten (die sie als „weiße Evangelikale“ bezeichnet), die das Rückgrat des heutigen amerikanischen Faschismus sind, vermittelt einige wichtige Einblicke. In ihrem Buch Jesus and John Wayne: How White Evangelicals Corrupted a Faith and Fractured a Nation schreibt sie:

Weiße Evangelikale haben dieses Flickwerk von Themen zusammengestellt und eine nostalgische Bindung an eine schroffe, aggressive, militante weiße Männlichkeit dient als das Band, das sie zu einem kohärenten Ganzen zusammenschnürt. Die Herrschaft des Vaters im Haus ist untrennbar mit der heroischen Führung auf der Ebene der Nation verbunden und das Schicksal der Nation hängt von beidem ab. [Hervorhebung hinzugefügt]

Angesichts der engen Verbindung zwischen militantem Patriarchat und Faschismus ist es nicht überraschend, dass einige Schwarze und Latino-Männer (wenn auch eindeutig eine Minderheit unter ihnen) für eine Unterstützung Trumps gewonnen werden konnten, ungeachtet seiner offenen Parteinahme für eine weiße Vorherrschaft. (Dazu gehören auch einige, die als Rap-Musiker prominent sind oder waren. Auch wenn es im Rap und Hip Hop insgesamt auch positive Kräfte und Aspekte gegeben hat, wurde darin doch zunehmend eine Kultur gefördert, die von einer verächtlichen Herabwürdigung von Frauen und von einer Bewunderung für die Art von Gangster- und Gaunermentalität durchzogen – wenn nicht sogar bestimmt – ist, die auch eine von Trumps bestimmenden „Qualitäten“ ist.) Es ist auch nicht überraschend, dass dieser Faschismus selbst auf eine beträchtliche Anzahl von Frauen (hauptsächlich weiße Frauen, aber auch einige Latinas und andere women of color) eine Anziehungskraft ausübt, weil das Phänomen, dass sich die Unterdrückten an die sie unterdrückenden „Ketten der Tradition“ klammern, leider nur allzu häufig vorkommt. (Man denke an die Mütter im Vaterland, über die Claudia Koonz in ihrem Buch mit diesem Titel [Mothers in the Fatherland] geschrieben hat – Frauen, die zur Zeit des Aufstiegs des Faschismus in Deutschland während der 1930er Jahre aktiv für Hitler, den aggressiven Verfechter männlicher Vorherrschaft, und die Nazis gewirkt haben. Oder man braucht nur der schwarzen Faschistin Candace Owens zuzuhören, die Hitler für seine Bemühungen „Deutschland groß zu machen“ gelobt hat: „Es gibt keine Gesellschaft, die ohne starke Männer überleben kann…. Im Westen ist die stetige Feminisierung unserer Männer, während gleichzeitig unseren Kindern der Marxismus beigebracht wird, kein Zufall. Es ist ein offener Angriff. Wir brauchen wieder männliche Männer.“ Natürlich sind für Faschist*innen wie Owens „starke“ und „männliche“ Männer diejenigen, die die traditionellen Geschlechterbeziehungen verkörpern und ihnen Geltung verschaffen, die Frauen, die sich dieser Herrschaft unterwerfen, beherrschen – während Männer, die sich nicht in die traditionellen Geschlechterrollen und -verhältnisse einfügen, Männer, die Gleichstellung von Männern und Frauen unterstützen, irgendwie „schwach“, „verweichlicht“, „entmannt“ sind). Und für weiße Frauen, die diesem faschistischen Phänomen zuzurechnen sind, in dem virulente männliche Vorherrschaft ein bestimmendes und einigendes Element ist, gilt auch, dass sich diese Frauen der weißen Vorherrschaft anschließen können, die, besonders in einem Land wie den USA, ebenfalls ein bestimmendes und zentrales Element dieses Faschismus ist und eng mit der virulenten männlichen Vorherrschaft verwoben ist – wie es in Kristin Kobes Du Mez’ Formulierung zum Ausdruck kommt: aggressive, militante weiße Männlichkeit.

⧫ Als eine Folge der sich verschärfenden Klimakrise, von Krieg und Unterdrückung – und, als treibende Kraft dabei, von großen Veränderungen in der kapitalistisch-imperialistisch beherrschten Weltwirtschaft (einschließlich des weiteren Anwachsens und des zunehmenden internationalen Einflusses von Agrarkonzernen und die menschliche Arbeit verdrängender Technologien, der zunehmend monopolisierten Kontrolle über Saatgut und Chemikalien, der gewachsenen Monopolisierung im Marketing und von Investitionen in riesige Flächen geraubten Lands) gibt es massive Verwerfungen und Umwälzungen, die besonders die Menschen im globalen Süden betreffen (in den Ländern Lateinamerikas, Afrikas, des Nahen Ostens und Asiens – der Dritten Welt). Ein wichtiges Merkmal von alledem ist massenhafte Verstädterung: Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in Städten, mit riesigen Slums in den städtischen Regionen der Dritten Welt, in denen zusammengenommen mehr als eine Milliarde Menschen leben, auch wenn Dutzende Millionen Menschen aus der Dritten Welt gezwungen sind, in die USA und in europäische Länder zu migrieren. Und es hat sich eine Situation entwickelt, in der in manchen dieser Länder – mit den USA als Paradebeispiel – die Ökonomie ohne die Ausbeutung zahlreicher Immigranten nicht funktionieren könnte, während gleichzeitig viele von ihnen ständig mit Abschiebung bedroht sind, was sie umso mehr der Gefahr extremer Ausbeutung aussetzt.

Der Ruin eines Großteils der traditionellen kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Ländern der Dritten Welt und die dramatische Zunahme einer städtischen Bevölkerung dort (aber auch in den USA und einigen anderen imperialistischen Ländern), die häufig keine Arbeit mehr in der „formalen Ökonomie” finden können, hat auch das Anwachsen einer illegalen Ökonomie und von Banden (und besonders in den Ländern der Dritten Welt auch von Kartellen) begünstigt, deren Basis in dieser illegalen Ökonomie liegt, insbesondere dem Drogenhandel, aber auch dem Menschenhandel, besonders von Frauen und Mädchen, die dann der Prostitution, der „Sexindustrie“ und regelrechter sexueller Sklaverei zum Opfer fallen.

Diese dramatisch veränderte und oft höchst unbeständige Situation ist auch ein wichtiger Faktor beim Aufstieg des religiösen Fundamentalismus in der Dritten Welt und bemerkenswerterweise auch in den USA gewesen, wo der christliche Fundamentalismus eine mächtige negative soziale und politische Kraft ist. Verbunden mit und in Wechselwirkung mit diesen ökonomischen und zusammenhängenden sozialen Veränderungen stehend (in einer Weise, die zum wachsenden Einfluss des religiösen Fundamentalismus besonders in der Dritten Welt beigetragen hat) war die Niederlage oder das Aufgeben von Bewegungen in der Dritten Welt, die in der Periode nach dem 2. Weltkrieg von Kommunisten oder von revolutionären Nationalisten gegen Kolonialherren alter Prägung und gegen neokoloniale Unterdrücker (vor allem die USA) geführt worden waren – wobei der größte Rückschlag die Umkehr des Sozialismus und die Restauration des Kapitalismus in China in den 1970er Jahren war, wodurch sich China von einem mächtigen sozialistischen Land und einem Leuchtturm und einer Bastion der Unterstützung für den revolutionären Kampf in der ganzen Welt in eine aufsteigende imperialistische Macht und selbst in einen Ausbeuter von Volksmassen in Afrika und anderen Teilen der Dritten Welt verwandelt hat.

Parallel zum Erstarken von religiösem Fundamentalismus hat auch der Säkularismus, vor allem unter gebildeten städtischen Bevölkerungsgruppen, an Gewicht gewonnenen (die Zahl der Menschen, die nicht religiös sind oder zumindest nicht den traditionellen Religionsgemeinschaften angehören, ist gewachsen) und ersterer richtet sich gleichzeitig gegen diesen. Dieser Säkularismus ist an sich nicht als Angriff auf Menschen erdacht oder intendiert, die weiterhin an religiösen Überzeugungen festhalten, doch objektiv untergräbt er Religion – und wird von religiösen Fundamentalisten, die sich weigern, auch nur den Versuch zu unternehmen, religiöse Auffassungen mit den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung in Einklang zu bringen, als Angriff auf „alles, was heilig ist“, verstanden, was sich deutlich an ihren irrationalen Attacken auf die fest etablierte wissenschaftliche Tatsache der Evolution zeigt.

Worum es bei dieser Spaltung im Kern geht, ist die Akzeptanz bzw. die Leugnung und Ablehnung des evidenzbasierten rationalen Denkens, einschließlich der Bedeutung von kritischem Denken, das im weitesten Sinne aus der Aufklärung erwachsen ist, die vor einigen Jahrhunderten in Europa (insbesondere in Frankreich) ihren Anfang nahm. Während dieser Zeit und seither haben der Fortschritt der Wissenschaft und wichtige Entdeckungen durch sie das Infragestellen von Religion in einer Art und Weise befördert, wie es vorher nicht wirklich möglich war, da viele dieser wissenschaftlichen Entdeckungen lange geltenden religiösen Schriften und Dogmen klar widersprechen und die wissenschaftliche Methode die Anerkennung von Dingen als „real“ ablehnt, wenn keine konkreten Beweise für ihre Existenz in der realen materiellen Welt erbracht werden können. Und wie Ardea Skybreak, Autorin des sehr wichtigen Buches The Science of Evolution and the Myth of Creationism. Knowing What’s Real and Why It Matters, betont, liefert die Wissenschaft reichlich Beweise dafür, dass es der Mensch war, der jede Religion erfunden hat, die irgendwo auf der Welt existiert. (In Science and Revolution, einem Buch, das ein Interview mit Skybreak enthält, betont sie auch, dass obwohl manchmal „schlechte Wissenschaft“ für sehr negative Zielsetzungen benutzt wurde, etwa um Rassismus zu verbreiten, die eigentliche wissenschaftliche Methode doch selbst die Mittel liefert, um so etwas zu widerlegen: „Man kann strenge wissenschaftliche Methoden anwenden, um zu beweisen, dass es sich bei alldem um schlechte Wissenschaft gehandelt hat.“)

Es stimmt, dass Wissenschaft als solche religiösem Glauben kein Ende setzen kann, wie die Tatsache zeigt, dass es viele religiöse Menschen gibt, die sich als Fürsprecher der Aufklärung betrachten und die wissenschaftliche Entdeckungen und Schlussfolgerungen akzeptieren (zumindest bis zu einem gewissen Punkt), aber darauf bestehen, dass es einen Bereich der Existenz gibt – wozu auch ein oder mehrere übernatürliche Wesen zählen –, der von der Wissenschaft nicht erfasst wird. Und es ist eine Tatsache, dass im Allgemeinen die Vertreter der herrschenden Klasse in diesem Land, ob sie nun „liberal“ oder „konservativ“ sind – und ob sie nun selber persönlich an Gott glauben oder nicht –, Religion eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung des „gesellschaftlichem Zusammenhalts“ des Landes auf einer kapitalistischen Basis zumessen und darauf hinwirken, Religion, insbesondere das Christentum, in der einen oder anderen Form zu fördern. (Sie alle setzen im Grunde die Napoleon zugeschriebene Aussage in die Praxis um, wonach Gesellschaft unmöglich ohne Ungleichheit, Ungleichheit ohne eine sie rechtfertigende Moral unmöglich aufrechtzuerhalten und eine solche Moral unmöglich ohne Religion sei.) Nichtsdestotrotz ist es so (um eine wichtige Aussage des Physikers Steven Weinberg zu paraphrasieren), dass obwohl Wissenschaft selbst religiösen Glauben nicht beseitigt, sie dennoch eine Grundlage dafür bietet, dass Menschen nicht an Gott glauben und Religion ablehnen. Dies steht im Widerspruch zu denen, die meinen, dass Religion für eine geordnete und „moralische“ Gesellschaft erforderlich sei, und erst recht zu denen, die auf einem religiösen Fundamentalismus bestehen, den von der Realität und einem rationalen Zugang zur Wirklichkeit Welten trennen.

Obwohl es richtig ist, dass die Volksmassen in der Welt letztlich religiösen Glauben generell ablegen müssen, um ihre vollständige Emanzipation zu erringen, ist es doch auch wichtig zu betonen, dass in der heutigen Welt die eigentliche Polarisierung nicht so einfach auf eine zwischen denjenigen, die Religion im Namen der Aufklärung ablehnen, und denjenigen, die am religiösen Glauben festhalten, hinausläuft. Eine bedeutungsvolle Polarisierung besteht heute zwischen denjenigen, die man mit Recht als anständige Menschen bezeichnen kann (darunter auch viele religiöse Menschen), die sich gegen Ungerechtigkeiten richten, und auf der anderen Seite denjenigen, die entschlossen sind, traditionelle Formen von Unterdrückung wiederzubeleben und durchzusetzen. Mit Blick darauf besteht eine der zentralen Fragen darin, ob Menschen diese beiden Unterscheidungsmerkmale annehmen oder sie zurückweisen: Geistig einen weiten Horizont und einen großzügigen Charakter zu haben.

4 All dies stellt eine wichtige Grundlage dar und bildet den „Hintergrund“, um zu verstehen, was bei der jüngsten Wahl passiert ist, warum es passiert ist und was die Auswirkungen dessen sind, sowohl jetzt als auch für die Zukunft. Der folgende Auszug aus einem Artikel von Leonard Pitts Jr. vom 9. November 2020 (“The election of 2020 has ended at last, but the celebration has caveats”) enthält einige wichtige Einsichten. Das Ergebnis dieser Wahl, schreibt Pitts, „legt offen, was hinter den beschönigenden Behauptungen, wer wir als Land sind, in Wirklichkeit steckt und es unterstreicht die Tatsache, dass wir überhaupt in irgendeinem bedeutungsvollen Sinne nicht mehr ein Land sind, sondern zwei Länder, die dieselben Grenzen teilen.“ Er fährt fort:

Als das zum letzten Mal so war [in der Zeit des Bürgerkrieges], brauchte es vier Jahre und kostete 750.000 Menschenleben, wieder einen gewissen Anschein von Einigkeit zu erzwingen. Und selbst danach blieb sichtbar, wo der Riss verlaufen ist.

Im Gegensatz zum damaligen Riss verläuft dieser nicht streng geografisch: Süden versus Norden. Nein, hier geht es um Stadt versus Land, Hochschulabschluss versus einfachen Schulabschluss und vor allem um Zukunft versus Vergangenheit. Das heißt, gestern noch war dies eine Nation, in der die Weißen die Mehrheit stellten, und morgen wird es eine sein, in der dies nicht mehr so sein wird.

Obwohl Pitts Recht hat, wenn er sagt, dass die Spaltung heute eher eine von ländlich versus städtisch ist als streng eine von Süden versus Norden, ist es doch so, dass die alten (und neuen) Konföderierten –  und insbesondere ländliche weiße Südstaatler – weiterhin den Anker für einen von schlechten Aussichten wie von schlechten Absichten getragenen Versuch bilden, die Vergangenheit wiederherzustellen (unter dem Motto „Make America Great Again“). Wie ich 2017 in der Rede „The Trump/Pence Regime Must Go!“ betont habe:

Es gibt eine direkte Verbindungslinie zwischen den Konföderierten und den Faschisten von heute und eine direkte Verbindung zwischen ihrer Idee der weißen Vorherrschaft, ihrer offenen Verachtung und ihrem Hass für LGBT-Menschen wie auch für Frauen, zwischen ihrer halsstarrigen Ablehnung von Wissenschaft und der wissenschaftlichen Methode, ihrem groben „America First“-Chauvinismus, dem Hinausposaunen einer angeblichen „Überlegenheit der westlichen Zivilisation“ und dem kriegerischen Geltendmachen militärischer Macht, einschließlich der ausgesprochenen Bereitschaft und unverhohlenen Drohungen, Atomwaffen zur Zerstörung ganzer Länder einzusetzen.

Gleichzeitig reicht die Kluft und der Zusammenstoß zwischen Vergangenheit und Zukunft tiefer als die demographischen Veränderungen und die Aussicht einer mehrheitlich nicht-weißen Bevölkerung in den USA. Die Kräfte, die für die Vergangenheit kämpfen, zielen mit aller Macht darauf ab, selbst die bescheidenen Zugeständnisse, die im Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit und institutionalisierte Ungleichheit und Unterdrückung erzielt worden sind, wieder rückgängig zu machen und eine Form von kapitalistischer Diktatur durchzusetzen, die offen ist und keinerlei Beschränkung durch die Verfassung und rechtsstaatliche Prinzipien mehr kennt (oder die Verfassung und Rechtsstaatlichkeit in bloße Instrumente faschistischer Tyrannei und grausamer Unterdrückung verwandelt).

Der Faschismus ist, wie ich es in meiner Erklärung vom 1. August formuliert habe, „eine offene und aggressive Diktatur, die rechtsstaatliche Normen mit Füßen tritt und pervertiert, sich auf Gewalt und Terror stützt, zugunsten des räuberischen kapitalistischen Systems und als ein extremer Versuch, tiefgreifende gesellschaftliche Klüfte und akute Krisen (sowohl innerhalb des Landes als auch in der globalen Arena) zu bewältigen.“ Solche faschistischen Herrschaftsmethoden mögen die Dinge zwar für eine gewisse Zeit zusammenhalten, auf eine extrem negative Weise, aber letztlich kann dies nicht erfolgreich sein – Faschismus kann dieses System des Kapitalismus-Imperialismus nicht endlos bewahren und er hält für die Menschheit außer fortgesetzten Schrecken keine andere Zukunft bereit – wenn überhaupt irgendeine Zukunft. Und die vermeintliche „Alternative“, wie sie z.B. von der Demokratischen Partei in den USA vertreten wird, die sich bei der Durchsetzung der Herrschaft dieses Systems auf „demokratischere“ Mittel stützt, wird ebenfalls fortwährend schreckliches und völlig unnötiges Leid für die Massen der Menschheit bedeuten und durchsetzen und auch eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit als Ganzes darstellen, wenn auch nicht immer mit dem gleichen brachialen und zügellosen Feldzug voller Schrecken wie es bei der faschistischen Form der kapitalistischen Diktatur der Fall ist.

Was bei dieser jüngsten Wahl zum Ausdruck gekommen ist –  was tatsächlich bei allen Wahlen unter diesem System zum Ausdruck kommt – sind nicht „Demokratie“ und „der Wille des Volkes“ in einem abstrakten Sinne, sondern konkret die Wahl zwischen verschiedenen Vertretern dieses Systems des Kapitalismus-Imperialismus, was die einzige „realistische“ Auswahl ist, die unter diesem System geboten wird oder geboten werden kann. In dieser besonderen, außergewöhnlichen Situation hat die Wahlentscheidung – zwischen faschistischer und bürgerlich-demokratischer kapitalistischer Herrschaft – tatsächlich einen wirklichen Unterschied ausgemacht, was so weit ging, dass es richtig war, die eine Seite, die Demokraten, zu unterstützen, um dem Versuch, den Faschismus noch weiter zu konsolidieren, eine Niederlage beizubringen. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass dies eine Wahlentscheidung zu den Bedingungen eben jenes Systems war, das diesen Faschismus erst hervorgebracht hat und das auch weiterhin einen fruchtbaren Boden für diesen Faschismus bereiten wird, während es gleichzeitig weiterhin Schrecken um Schrecken für die Menschheit hervorbringt – Schrecken, die nur denjenigen verborgen bleiben, die nicht hinsehen oder nicht hinsehen wollen. Die „liberale“ (oder „Mainstream“-)Version der Herrschaft dieses Systems bedeutet die Durchsetzung der Ausbeutung und Unterdrückung von Volksmassen in diesem Land und auf der ganzen Welt (darunter von mehr als 150 Millionen Kindern in der Dritten Welt, die in Sweatshops und im Bergbau grausamer Überausbeutung ausgesetzt sind). Dies alles durchzusetzen und Versuche von Rivalen zu vereiteln, die selber einen größeren Anteil an dieser Ausbeutung erlangen und die USA als vorherrschende Weltmacht ablösen wollen – das ist es, was „liberale“ (und andere) Vertreter dieses Systems meinen, wenn sie von den „nationalen Interessen“ dieses Landes sprechen. Und das ist auch die Basis für den „fortschrittlichen“ Ansatz, bei dem etwas größere „Vielfalt“ und „Inklusion“ für bislang ausgeschlossene Teile dieser Gesellschaft zugelassen wird und bei dem bestimmte Aspekte von Wissenschaft gefördert werden, auf der Grundlage und vor allem im Interesse dieser internationalen Ausplünderung, sowohl von Menschen als auch der Umwelt.

5 Um diesen entscheidenden Punkt nochmals zu betonen: Es ist notwendig, sich der grundlegenden Realität zu stellen, dass es unter diesem System keine lebenswerte Zukunft für die Volksmassen und letztlich für die Menschheit als Ganzes gibt – unter einem System, das einen machtvollen Faschismus hervorgebracht hat, das die Quelle von entsetzlichem und unnötigem Leid ist, nicht nur für Massen von Menschen in diesem Land, sondern für Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt, und das durch seine massiven Atomwaffenarsenale wie auch durch seine sich beschleunigende Zerstörung der Umwelt eine wachsende Bedrohung für die Existenz der Menschheit selbst darstellt. Es ist wahr – es ist eine wichtige Wahrheit –, dass das Trump/Pence-Regime (und ähnliche Regimes, wie zum Beispiel die Herrschaft von Bolsonaro in Brasilien) die Umweltkrise noch erheblich verschärft hat – sozusagen die Beschleunigung der Umweltzerstörung noch beschleunigt hat. Doch sind es die Dynamik und die Erfordernisse dieses Systems, die die Klimakrise hin zu einem Punkt treiben, an dem die Dinge nicht mehr umgekehrt werden können, unabhängig davon, welche einzelne Person oder welches Regime als sein bestimmender politischer Repräsentant agiert. Der Kapitalismus wird oft als ein „dynamisches“ System angepriesen, das ständig Veränderungen hervorbringt. Doch handelt es sich dabei um eine „Dynamik“, die auf der Ausbeutung für privat akkumulierten Profit basiert und die von Anarchie (und anarchischer Konkurrenz zwischen Kapitalisten) angetrieben wird. Und eben diese Anarchie treibt die Dinge rasch auf eine existenzielle Schwelle zu – über die die Menschheit durchaus stürzen könnte und hinter der die Dinge irreversibel werden –, sofern dieses System des Kapitalismus, in seiner imperialistischen, globalisierten Ausprägung, weiterhin die Welt beherrscht.

Wenn man bedenkt, wie sehr die faschistische Sozialbasis in diesem Land darauf konditioniert worden ist, die Demokraten (sogar der „politischen Mitte“ zugehörige Demokraten wie Biden) fälschlicherweise und lächerlich als „radikale Sozialisten“ (oder gar als „Kommunisten“) zu identifizieren und auf dieser Grundlage inbrünstigen Hass ihnen gegenüber zu empfinden (großenteils wegen der begrenzten Zugeständnisse, die die Demokraten an den Kampf gegen rassistische und Geschlechterunterdrückung, an die Notwendigkeit, die Klimakrise anzugehen, und an Bestrebungen gemacht haben, mit der wirklichen Geschichte dieses Landes abzurechnen), ist es ausgesprochen ironisch, dass nur eine machtvolle Bewegung, die auf den wirklichen Sozialismus zielt, als einer radikal neuen und befreienden Gesellschaft und als Übergang zum grundlegenden Ziel des Kommunismus im globalen Maßstab, die Grundlage dafür schaffen könnte, dass eine beträchtliche Anzahl von denen, insbesondere unter der Jugend, die für diesen Faschismus gewonnen werden konnten, mit diesem brechen und Teil des Kampfes werden, der auf eine positive Lösung der Widersprüche abzielt, die dieses System des Kapitalismus-Imperialismus beständig verschärft. (Wie jeder vernünftige Mensch leicht feststellen kann, sind die relativ wenigen „demokratischen Sozialisten“ in der Demokratischen Partei keineswegs „radikale Sozialisten“ – oder überhaupt wirkliche Sozialisten –, sondern Sozialdemokraten, die nicht auf die Abschaffung des kapitalistischen Systems und seine Ersetzung durch ein sozialistisches System zielen, sondern auf Reformen innerhalb des kapitalistischen Systems, die dessen grundlegendes Wesen und Funktionsweise nicht verändern oder wesentlich beeinflussen würden).

Tatsache ist, dass es kein Zurück zu einer idealisierten Lebensweise (oder ihr Neuentstehen) gibt, die angeblich im späten 19. und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in diesem Land existiert hat, keine Rückkehr zu einem imaginären idyllischen Amerika, das von „traditionellen Werten“ geprägt war, bei denen „Tugenden“ wie harte Arbeit irgendwie gerecht belohnt wurden und in dem die Menschen noch den Platz in der Gesellschaft einnahmen, der ihnen zustand (oder der ihnen von Gott zugedacht war) – so etwas hat in Wirklichkeit nur in den Köpfen derjenigen existiert, die eine illusorische „Wiederherstellung“ eines solchen Zustandes anstreben und die darauf konditioniert wurden, alles und jeden, was oder wer angeblich für dessen Zerstörung verantwortlich ist, mit irrationalem Hass zu begegnen. Und es gibt auch keine Wiederherstellung der Situation, die über mehrere Jahrzehnte nach dem 2. Weltkrieg existiert hat, in der eine große Zahl von Menschen (vor allem, aber nicht nur weiße Männer) ohne College-Abschluss Jobs in Großbetrieben wie der Auto- und Stahlindustrie haben konnten, mit einem Lohn, der einen „Mittelschichts-Lebensstandard“ ermöglichte. Für das Verschwinden der Grundlage dafür sind nicht die Verschwörungen von „satanischen Liberalen, die das Blut geraubter Kinder trinken“ verantwortlich, sondern einmal mehr das Wirken dieses Systems des Kapitalismus-Imperialismus, das dazu geführt hat, dass diese Welt heute so gestaltet ist, wie sie ist, und dass sie rasch auf die von ihm selbst erzeugte Umweltkatastrophe zusteuert, wenn es nicht schon vorher die Menschheit durch einen Atomkrieg auslöscht, der von den mächtigen Besitzern massiver Atomwaffenarsenale losgetreten wird.

Und niemand sollte auch in die wirkliche Vergangenheit zurückkehren wollen – in eine Welt, die von massiver Armut und Krankheiten geprägt war, noch jenseits des schrecklichen Tributs, den sie heute kosten, vor allem in der Dritten Welt… in eine Welt mit der schrecklichen Zerstörung und dem Leid, welche zwei Weltkriege im 20. Jahrhundert, in denen Zigmillionen Menschen abgeschlachtet wurden, forderten, mit den Atombombenangriffen der USA auf zwei japanische Städte am Ende des Zweiten Weltkriegs, bei denen sofort Hunderttausende von Japanern eingeäschert wurden und mit denen das „Atomzeitalter“ eingeläutet wurde; niemand sollte in die USA zurückkehren wollen, die von offener, institutionalisierter Segregation und Diskriminierung geprägt waren und in denen People of Color und Frauen nur den Status von Menschen „zweiter Klasse“ hatten, in denen LGBT-Menschen brutal unterdrückt wurden und insbesondere Schwarze ständigem Terror ausgesetzt gewesen sind, der durch wiederholte Lynchmorde und andere, damit verbundene entsetzliche Verbrechen gekennzeichnet war. Die Zukunft liegt nicht in der (realen oder eingebildeten) Vergangenheit, sondern darin, vorwärts zu gehen, hin zu einer wirklichen sozialistischen Gesellschaft und schließlich zu einer kommunistischen Welt, in der die grundsätzliche Orientierung und die praktische Politik darauf ausgerichtet sind, die materiellen, geistigen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen und gleichzeitig der individuellen Initiative immer mehr Raum zu geben, auf der Basis und im Rahmen der kollektiven und kooperativen Grundlagen und der ethischen Orientierung der Gesellschaft, in der althergebrachte ökonomische und soziale Beziehungen von Ausbeutung, Ungleichheit und Unterdrückung überwunden sein werden und das Wohlergehen der einen nicht mehr auf dem Elend der anderen beruht.

Es sollte klar sein, dass die gegenwärtige Polarisierung und die tiefgreifenden Probleme, die angegangen werden müssen, nicht durch den Versuch gelöst werden können, die Dinge innerhalb der Grenzen dieses Systems „zu korrigieren“. Das Beispiel der „Occupy“-Bewegung aus dem vergangenen Jahrzehnt stellt eine weitere Illustration dessen dar. Dieser Versuch, eine neue Polarisierung der 99 Prozent gegen das eine Prozent der Superreichen zustande zu bringen, ist gescheitert und zwar zum erheblichen Teil deshalb, weil soziale Verhältnisse (wie die Unterdrückungsverhältnisse zwischen verschiedenen „Rassen“ und Geschlechtern) und nicht bloß ökonomische Verhältnisse mächtige materielle Kräfte darstellen und ein guter Teil dieser „99 Prozent“ entschlossen ist, diese ungleichen und unterdrückerischen sozialen Verhältnisse, aus denen sie selber Vorteile ziehen (oder überzeugt sind, Vorteile zu ziehen), aufrechtzuerhalten, insbesondere in dieser kapitalistischen Gesellschaft, die die Menschen in einer oft rücksichtslosen Konkurrenz gegeneinander ausspielt.

Nur auf der Grundlage eines radikal anderen Wirtschaftssystems – eines sozialistischen ökonomischen Systems (Produktionsweise), in dem die produktiven Ressourcen der Gesellschaft kollektiviert sind und planmäßig eingesetzt und genutzt werden, um die materiellen, geistigen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen auf anhaltend wachsender Grundlage zu erfüllen – kann es eine günstige Basis dafür geben, die gesellschaftlichen Verhältnisse, die Unterdrückung verkörpern, und die Denkweisen, die mit dieser Unterdrückung einhergehen und sie festigen, zu entwurzeln und zu transformieren, um die Situation hinter sich zu lassen, in der (wie Lenin es so treffend formulierte) die Menschen nicht nur dazu ermutigt werden, sondern gezwungen sind, ihre Position gegenüber anderen knauserig zu kalkulieren.

6 All dies verweist einmal mehr nachdrücklich auf die Notwendigkeit, nicht bloß „die Realität zu konfrontieren“, sondern konsequent das Prinzip anzuwenden, dass Wissenschaft wichtig ist und dass Wahrheit wichtig ist, und sich deshalb ernsthaft mit der (hier skizzierten) wissenschaftlichen Analyse des Problems, vor dem die Menschheit steht, und der Lösung zu befassen: In welche Richtung entwickelt sich die Welt heute, wo sie von diesem System beherrscht wird? Und welche radikal andere Richtung muss und kann sie einschlagen? Dies erfordert die Bereitschaft, eben diese Herangehensweise – wonach Wissenschaft und wissenschaftlich bestimmte Wahrheiten wichtig sind – auf den Kommunismus, die historische Erfahrung der kommunistischen Bewegung und insbesondere auf den neuen Kommunismus, der aus meiner jahrzehntelangen Arbeit erwachsen ist, anzuwenden. Dieser neue Kommunismus ist eine eine Weiterführung der kommunistischen Theorie, wie sie zuvor entwickelt worden ist, aber er repräsentiert auch einen qualitativen Sprung über diese hinaus und in einigen wichtigen Hinsichten auch einen Bruch mit ihr. Im Gegensatz zu denjenigen, die den Kommunismus und die historische Erfahrung der kommunistischen Bewegung verleumden und verurteilen oder einfach ignorieren, habe ich selbst die Geschichte der kommunistischen Bewegung und der von ihr geschaffenen sozialistischen Gesellschaften einem weitreichenden, ernsthaften wissenschaftlichen Studium – Untersuchungen und Analysen – unterzogen und auch andere bei solchen Untersuchungen und Analysen angeleitet (und auch von Ländern, die sich selbst als „sozialistisch“ bezeichnet haben, es aber in Wirklichkeit nicht [gewesen] sind, wie Kuba seit 1959, Venezuela in den vergangenen Jahrzehnten und die Sowjetunion und die Länder Osteuropas, in denen der Kapitalismus restauriert wurde und seit mehr als 60 Jahre lang herrscht, lange bevor sie sich vor ein paar Jahrzehnten in offen kapitalistische Länder verwandelt haben). Diese wissenschaftliche Herangehensweise hat zu der Schlussfolgerung geführt, dass im Falle der echten sozialistischen Gesellschaften, die zuerst in der Sowjetunion und später in China unter der Führung von Kommunisten geschaffen wurden (bevor der Kapitalismus im ersten Fall in den 1950er Jahren und im letztgenannten Fall nach dem Tod von Mao 1976 restauriert wurde), diese Erfahrungen des Sozialismus in der Hauptseite – und im Falle Chinas überwiegend – positive waren, während es in zweiter Linie auch bedeutende, in einigen Fällen auch ernsthafte oder sogar schwerwiegende Fehler gab.

Indem er aus diesen historischen Erfahrungen der kommunistischen Bewegung und aus einem breiten Spektrum menschlicher Anstrengungen schöpft, betont der neue Kommunismus (als die ihn bestimmende Methode und Herangehensweise) die entscheidende Bedeutung von Wissenschaft und der Anwendung der wissenschaftlichen Methode in Bezug auf alles – sowohl auf die Gesellschaft als auch auf die Natur. Er lehnt alle Ansätze entschieden ab, die darauf hinauslaufen, die bankrotte und außerordentlich schädliche Sichtweise anzuwenden und zu rechtfertigen, wonach „der Zweck die Mittel heiligt“ und wonach „Wahrheit“ bloß ein „Instrument“ für gewünschte Ziele ist, anstelle von dem, was Wahrheit tatsächlich ausmacht: eine korrekte Widerspiegelung der objektiven Realität zu sein.

Es ist ebendiese Methode und Herangehensweise, die angewandt wurde, um das Verständnis vom  Wesens und der Funktionsweise des kapitalistisch-imperialistischen Systems beständig zu vertiefen – desjenigen Systems, das heute die Welt weiterhin beherrscht, mit schrecklichen Konsequenzen und Auswirkungen auf die Menschheit und für ihre Zukunft. Und diese Arbeit wird fortgesetzt, als ein wichtiger Teil der Entwicklung der revolutionären Bewegung, die erforderlich ist, um dieses System endlich zu beseitigen und eine radikal andere und viel bessere Welt zu schaffen. Auch wenn noch viel zu tun bleibt und viele noch zu bewältigende Herausforderungen bestehen, sind in Reden und Schriften von mir und in anderen Materialien, die auf www.revcom.us verfügbar sind,  wissenschaftliche Analysen und Synthesen zu grundlegenden Fragen zu finden, welche die Situation betreffen, in der sich die Menschheit befindet, wie auch die Möglichkeit menschlicher Emanzipation – und zwar sowohl in stärker konzentrierter und populärer Form als auch in Werken von beträchtlicher Tiefe. Und eine umfassende Vision und ein konkreter Entwurf für eine radikal andere und befreiende Gesellschaft, die sich auf dem Weg hin zum Endziel einer kommunistischen Welt gemacht hat, sind in der Constitution for the New Socialist Republic in North America (Verfassung für die Neue Sozialistische Republik in Nordamerika“) entwickelt, die von mir verfasst worden ist.

Tatsache ist, dass nirgendwo sonst, in keinem anderen in Kraft befindlichen oder vorgeschlagenen Gründungs- oder leitendem Dokument irgendeiner Regierung Meinungsstreit und intellektuelle und kulturelle Gärung nicht bloß geschützt sind, sondern darüber hinaus auch Vorkehrungen für deren Entwicklung vorgesehen sind, wie es aber in diesem Verfassungsentwurf der Fall ist, während dies hier gleichzeitig seine Grundlage in der sozialistischen Transformation der Ökonomie als dem festen Kern hat. Deren Ziel besteht in der Abschaffung jeglicher Form von Ausbeutung, in der entsprechenden Umwälzung der sozialen Beziehungen und politischen Institutionen und im Entwurzeln jeglicher Form von Unterdrückung; und es besteht darin, durch das Bildungssystem und in der Gesellschaft insgesamt eine Herangehensweise zu fördern, die „Menschen befähigt, mit einer Haltung kritischen Denkens und mit wissenschaftlicher Neugier der Wahrheit zu folgen, wohin sie einen auch immer führen mag, und auf diese Weise immer mehr von der Welt zu verstehen und besser in der Lage zu sein, in Übereinstimmung mit den grundlegenden Interessen der Menschheit zu ihrer Veränderung beizutragen.” All dies wird eine enorme produktive und soziale Kraft unter Menschen entfesseln und freisetzen – unter Menschen, die dazu in die Lage versetzt werden und inspiriert sind, gemeinsam zu arbeiten und zu kämpfen, um die grundlegenden Bedürfnisse des Volkes zu erfüllen (die Gesellschaft grundlegend zu verändern und den revolutionären Kampf auf der ganzen Welt zu unterstützen und ihm Hilfe zu leisten), mit dem Endziel einer kommunistischen Welt, die frei von sämtlichen Formen von Ausbeutung und Unterdrückung ist, während gleichzeitig die wahrlich existenzielle Umweltkrise mit wirksamen und umfassenden Maßnahmen angegangen wird, was unter dem System des Kapitalismus-Imperialismus unmöglich ist.

Allzu viele haben sich dem verweigert – oder sie brachten es, häufiger noch, nicht einmal fertig oder haben es abgelehnt, sich auch nur ernsthaft damit zu befassen. Die Gründe dafür sind in ihrer Unwissenheit und ihren Vorurteilen zu finden, deren Wurzeln letztlich in den Verzerrungen liegen, die von den Wächtern der jetzigen Ordnung unablässig propagiert werden und deren Zweck darin besteht, diese extrem unterdrückerische Ordnung zu stärken. An dieser Stelle muss gesagt werden (und Beweise dafür können gerne angeführt werden), dass die „liberalen“ bürgerlichen Angriffe auf den Kommunismus auf ihre Weise ebenso absurd wie empörend sind – grob in ihrer Verletzung der wissenschaftlichen Methode und in eklatantem Widerspruch zu den wirklichen Tatsachen stehend. Hierin ähneln sie den faschistischen Verfälschungen der Wahrheit, die die „Liberalen“ ständig anprangern. Der Schaden, den das für die Menschheit anrichtet, ist groß: Wenn eine ehrliche, wissenschaftliche Herangehensweise an den Kommunismus, an die wirkliche Geschichte der kommunistischen Bewegung und die Entwicklung des neuen Kommunismus verweigert und tatsächlich in Opposition dazu gehandelt wird, dann trägt das dazu bei, den Weg zu der einzig wirklichen Alternative zu diesem wahrlich monströsen System des Kapitalismus-Imperialismus abzuschneiden – zu der einzig lebensfähigen Alternative, die die grundlegenden Interessen und eine lebenswerte Zukunft für die Masse der Menschheit und letztlich die Menschheit als Ganzes repräsentiert.

Der Weg zu einer besseren Welt ist kein leichter und wird es niemals sein – sie kann nicht ohne entschlossenen Kampf und eben auch große Opfer erreicht werden. Doch die Fortsetzung des jetzigen Kurses unter der Herrschaft dieses kapitalistisch-imperialistischen Systems bedeutet eine Fortsetzung der Schrecken der heutigen Welt, der noch sehr viel schlimmeren Schrecken, die unmittelbar drohen, und der sehr realen existenziellen Gefahr, die sich zunehmend abzeichnet.

Viele von uns, die im Angesicht des faschistischen Molochs, der noch immer droht und der an Stärke gewinnt, zutiefst angewidert und empört sind und die nach etwas viel Besserem streben, sind aufgestanden und haben sich den Stimmen derer angeschlossen, die erklären, dass Wissenschaft und Wahrheit wichtig sind und wir uns daran orientieren müssen. Wir sollten jetzt auch genügend Mut und Kühnheit besitzen, dies ohne jeden Rückhalt zu tun, entschlossen, die Wahrheit zu suchen und der Wahrheit zu folgen, wohin sie auch immer führen mag, und dabei jegliche Hindernisse zu überwinden, darunter auch alle lieb gewonnenen Illusionen und alle tiefverwurzelten Vorurteile, die jedoch der Realität und wissenschaftlich begründeten Wahrheiten widersprechen. Wagen wir es zu handeln, um das zu verwirklichen, was die Wissenschaft als möglich offenbart: eine radikal andere und weitaus bessere Welt und Zukunft für die Menschheit.